Lebenslauf von Hermann Hoffmann

Jugendportrait von Hermann Hoffmann

Hermann Hoffmann (* 22. Februar 1928 in Heilbronn; † 8. April 1997 in Hannover) war ein deutscher Radio­moderator, Musiker und Komödiant. Ihn als einen „Urvater der deutschen Radio-Comedy” zu bezeichnen, ist gewiss berechtigt (obwohl vieles, was unter dem Titel nach ihm kam, nicht an seine Qualitäten heranreicht).

Hermanns Eltern waren sehr musikalisch, spielten ausgezeichnet Klavier, und Musik war schon von klein auf fester Bestandteil von Hermanns Familien-Erleben. Er sagte später dazu: „Es liegt, glaube ich, in der Familie. Ich kam auf die Welt und konnte Klavier spielen. Das klingt überheblich, aber das ist so”. Mit sechs Jahren bekam Hermann Klavier­stunden in Stuttgart. 1939 zog die Familie zurück nach Leer. Im Januar 1944 wurde er als Marine­helfer zur Flak verpflichtet. Hier unternahm er erste Versuche als „Querfunker”, indem er als Funker einer Flak-Batterie Frequenzen „missbrauchte”, um sie für Grüße an seine Kumpel zu nutzen. Aus dieser Zeit zog sich seither auch der Name „Sender Zitrone” durch Hermanns Leben, das war der Tarnname seiner Flak-Funk­station. Nach dem Krieg lernte Hoffmann Elektriker und Schlosser und begann 1947 ein Musik­studium in Detmold. Bereits zwei Jahre später war er Kapell­meister und Korrepetitor am Staats­theater in Oldenburg.

Die 3 Hoffmannstropfen

Mit seinem 1951 gegründeten Bar-Trio „Die 3 Hoffmanns-Tropfen” machte Hoffmann mit den Kollegen Victor Jess und Otto Behrendt Musik. Sie spielten zwei Jahre lang zu Beginn in der „Palette” in Oldenburg, später in den Kneipen und Jazz­kellern Nord­deutsch­lands. Zwischen Olden­burg und Celle pendelte die Band hin und her. 1952 kam Hoffmann mit den „3 Hoffmanns­tropfen” nach Celle in die „Königin-Bar” – und blieb dort „hängen”. Die Bar war früher eine Kutscher-Kneipe, wo es nach hinten hinaus Pferde­stallungen gab. Der Heuboden lag oberhalb dieser Stallungen hinter der Bar. In dieser Dach­kammer der „Königin-Bar” etablierte er 1955 einen Piraten-Sender mit dem Namen „Sender Zitrone”, nachdem sein Versuch fehl­geschlagen war, beim Nord­deutschen Rund­funk anzufangen. Monatelang sendete er schwarz ein bunt gemischtes Programm auf der Mittel­wellen-Frequenz 1610 KHz.

Schwarzsender „Zitrone” in Celle

Das Foto zeigt die berühmte Dachkammer, ausgestattet mit einem selbstgebauten Sender und einem Tonbandgerät. Zu hören gab es neue Schlager, eigenwillige Hörspiele, eine Witz­ecke, Reportagen über lokale Ereignisse in Celle und Telefongespräche mit den Hörern. Letztendlich wurde er jedoch von der Post geortet, die Gerätschaften wurden am 25. November 1955 konfisziert. Die Gerichtsverhandlung wurde am 2. März 1956 um 8.30 Uhr angesetzt. Trotz der frühen Zeit wurde es voll, und jeder Besucher brachte eine Zitrone mit. Das Urteil: 300 DM Geldstrafe und die Auferlegung der Kosten des Verfahrens. Die Verhandlung wurde ein großer Presse-Erfolg, diverse lokale Zeitungenerregte berichteten darüber. Der Sendebetrieb aber musste eingestellt werden. Hoffmann ließ jedoch nicht locker, er wollte unbedingt zum Rundfunk. Bis 1962 brauchte es noch, dann strahlte Hoffmann seine erste offizielle Sendung im Westdeutschen Rundfunk aus: am 29. Dezember 1962 wurde die erste Folge der „Dachkammer-Musik” gesendet. Die Sendung blieb bis Anfang der 1990er Jahre fester Bestandteil des WDR-Programms.

Renate Hoffmann, geb. Meißner, 2014

Hermann lernte Renate Meißner 1960 in Celle kennen. 1965 hat er dann seine „Nati” geheiratet und zog nach Hannover. Das Studio befand sich in einer Kellerwohnung in Hannovers Flensburger Straße. 1967 erfolgte der Umzug nach Burgdorf (Hannover), wo sich Hoffmann dort ein Tonstudio einrichtete, in dem neben der „Dachkammer-Musik” auch Sendungen wie „Unterhaltung am Wochenende”, „Sender Zitrone”, diverse Schallplatten und vieles mehr produziert wurde. In seiner „Dachkammer-Musik” verkörperte Hoffmann mehrere Sprechrollen: Der leicht reizbare Ostfriese Otto de Vries, der gutmütige Schwabe Pankratius Schräuble, der ostpreußische Wirt Cäsar Schlotterbeck und einige andere Charaktere sowie Hoffmann selbst als Chef musizierten „zusammen” alle 14 Tage samstags um 17.45 Uhr im WDR-Radioprogramm. Dabei entlarvte Hoffmann sich selber schon im Intro, wo er in bis zur Unverständlichkeit zunehmendem Tempo alle Aufgaben vorstellte – erledigt von Hermann Hoffmann. Insgesamt brachte es Hoffmanns „Kleine Dachkammer-Musik” auf über 570 Folgen. Zuerst dauerten diese 15 Minuten, später ab 1982 als „Radio Zitrone aus der Dachkammer“ waren diese 20 bis 25 Minuten lang. Alles wurde in mühsamer Kleinarbeit von ihm selbst gesprochen, komponiert, gespielt und bearbeitet – eine starke Leistung, denn ein Computer stand für solche Gimmicks noch nicht zur Verfügung.

Hermann Hoffmann im Studio Burgdorf

Ähnliche Ton-Tricks kamen im „Sender Zitrone” zum Einsatz. Per Tonband-Mitschnitt wurden illustre Gäste aus Politik, Show und Fernsehen „eingeladen” und ihnen mittels Tricktechnik so manches Wort im Munde verdreht. Was heute am PC so mühelos erscheint, war damals harte Arbeit, die Hoffmann zur Freude der Radiohörer meisterte. Ob Erich Honecker, Franz-Josef Strauß oder Karl-Heinz Köpcke – sie alle durften in dieser Sendung Nonsens erzählen, stottern oder sogar „singen”. Garniert wurde das Programm mit Musikstücken (meist Jazz oder Schlager), kleinen Rubriken und jeder Menge Witzen. Hoffmanns Sohn Thomas und seine Frau Renate halfen in kleinen Sprechrollen mit. Ab 1974 startete sein „Sender Zitrone“ im WDR, mit wechselnden Sendeplätzen: zunächst im Nachtprogramm, dann dienstags am späten Nachmittag, und zuletzt im Abendprogramm schickte er jeden Monat dienstags um 21.15 Uhr solch eine Show auf Sendung. Ab 1981 sendete der „SZ“ sogar zweimal im Monat, bis er 1982 mit der „Kleinen Dachkammer-Musik” zusammengelegt wurde.

Hoffmann bei der Aufnahme des Klo-Intros

Hermann Hoffmann schuf auch etliche Parodien bekannter Musikstücke. Für seine Rubrik „Shit-Parade” beim WDR wurden zeitgenössische Schlager umgedichtet, zersägt und neu zusammengefügt oder neu eingespielt. Einige wurden von Sohn Thomas kommentiert oder durch den Synchronsprecher Friedrich Schütter eingesprochen. Da wurde aus „Tanze Samba mit mir” „Brate Eier mit mir”, Costa Cordalis' Song „Die Blumen der Nacht” mutierte zum Zahnarzt-Drama „Die Plombe, die kracht”, und als größter Hit erwies sich die Vertextung des Bläserhits „The Floral Dance” zu „Schwups ist der Papa mit der Hand wieder da”. Eine Anzahl an Singles und LPs resultierten daraus, die Diskographie als auch die Chronik zur Ausstellung 2007 verraten mehr darüber. Ab 1975 wurde Hermann Hoffmann für das Messejournal des NDR tätig. Nur ein Jahr später feierte die „Kleine Dachkammermusik” ein Jubiläum mit der zweihundertsten Sendung.

Hoffmann im Messestudio 1987

Nachdem die Sendung „Kleine Dachkammer-Musik” Ende der 1980er Jahre aufgrund der diversen Umbrüche in der Radiolandschaft nach und nach erst nur wiederholt, später ganz abgesetzt wurde, wurde es etwas stiller um den fröhlichen Musiker. Seit 1983 produzierte er zudem Sendungen wie das „Polit-Klimbim” für die wöchentliche NDR-Satire-Sendung „Reißwolf” und 1990 sogar für das NDR-Fernsehen bei „Extra drei”. Beim „Messejournal” des NDR-Radio Hannover war er ständiger Mitarbeiter. Auch als Schallplattenproduzent, im Videobereich und in der Werbung war er aktiv. Zwar versuchte er Mitte der 1990er Jahre, sich mit einer an sämtliche Radiostationen in Deutschland verschickten Promotion-CD mit kurzen Sketchen aus seiner bekannten „Dachkammer” wieder ins Gespräch zu bringen, doch trotz positiven Feedbacks gab es keine langfristigen Zusagen.

„Irgendwann wird es nur noch Autofahrer-Radio geben. Die Leute wollen einfach nicht mehr konzentriert Radio hören.”

Die Zeit des anspruchsvollen Einschaltradios mit langen Wortbeiträgen war nach Hoffmanns Ansicht vorbei: „In den Fünfzigern und Sechzigern war das Radio noch im Mittelpunkt. Wir haben es eingeschaltet, um Hörspiele zu hören. Dann saßen wir im Kreis und lauschten gespannt. Diese Funktion hat heute längst das Fernsehen übernommen. Für eine bestimmte Sendung schaltet heute keiner mehr das Radio an”. Seine Prognose sollte sich bewahrheiten: „Irgendwann wird es nur noch Autofahrer-Radio geben. Die Leute wollen einfach nicht mehr konzentriert Radio hören. Das ist wohl eine Generationenfrage”. Hermann hatte eigentlich vor, bis zum 75. Geburtstag hinter dem Mischpult auszuharren. Jedoch wurde 1997 eine erneute Krebserkrankung diagnostiziert, Hermann Hoffmann verstarb am 8. April 1997.

Ein Großteil der Bandaufnahmen und ein Teil der Studiotechnik wurde nach Hoffmanns Tod an die Firma Voxx Gesellschaft für Marketing und Beratung mbH entliehen. Doch trotz dieser Entwicklung haben sich Hoffmann-Fans seit Jahren ihre alten Radio-Aufnahmen bewahrt, sie wurden dann gesichtet und vorsorglich archiviert. Durch die Vorbereitung zur Ausstellung in Burgdorf 2007 begann dann eine Katalogisierung und Aufbereitung des Nachlasses durch die Restaurierung von Originalbändern, von denen viele erst durch die Recherche-Arbeit wieder gefunden wurden. Diese Sisyphus-Arbeit auf originalen Tonbandmaschinen wird seitdem ehrenamtlich von vielen Hoffmann-Fans in wochenlanger Ton- und Archivarbeit erledigt. Dadurch wird das Andenken an einen der schöpferischsten Radio-Komödianten bewahrt.

Vom 6. Mai bis zum 17. Juni 2007 gab es schließlich im Stadtmuseum Burgdorf eine umfangreiche Ausstellung über das Leben und Schaffen von Hermann Hoffmann (Titel: „Du traust Dir ja was – Vom Wellenbummler aus der Dachkammer”). Mit modernster Audio-Technik der Firma Sennheiser wurden dem Besucher neben vielen Fotos auch Stunden von Hörbeispielen unterschiedlichster Art vermittelt. Näheres darüber können Sie in der Rubrik Ausstellung 2007 nachlesen. Durch die Vorbereitung zur Ausstellung, dem Erfolg selbiger und dem massenhaften Andrang sowie dem Zusammenkommen vieler Hoffmann-Fans etablierte sich schließlich der Freundeskreis Hermann Hoffmanns „Sender Zitrone” e. V., der am 22. Februar 2008 in Burgdorf gegründet wurde.